GANZ VIEL GESCHICHTE #1
Wie ich euch ja schon erzählt hatte, möchte ich euch in diesem Blog nicht nur mit meiner absolut überflüssigen Meinung bereichern, sondern auch ab und zu, den berühmten Bildungsauftrag erfüllen. Wenn auch nur spärlich und, das verspreche ich, in gewohnt authentischer Schreibweise. Daher habe ich mir gedacht euch in einer kleinen, immer wiederkehrenden Kategorie, über kleine Stories oder bekannte Themen aus dem Fussball zu erzählen, die eben “Ganz viel Geschichte” haben.
#1 Das Olympiastadion
Es ist das drittgrößte Stadion in Deutschland. UnGefähr 75.000 PLätze, die an den meisten Spieltagen aber eher zu etwas mehr als der Hälfte gefüllt sind. Es ist aber auch verdammt alt und hat GEschichtlich echt viel zu bieten.
Wenn man vom Stadion der eigenen Mannschaft spricht, also dem “Heimstadion”, dann fällt oft der Vergleich zum eigenen Wohnzimmer. Man hat Freunde zu Gast und verfolgt irgendetwas gemeinsam oder betreibt irgendeinen anderen Zeitvertreib. Scharade oder Stadt Land Fluss oder irgendwas halt. Im Stadion wird gemeinsam gesungen und gefiebert. So wie vor dem Fernseher. Ergibt also Sinn, der Vergleich.
Auch weil ein Wohnzimmer ein vertrauter Ort ist. Dort schmeißt man sich, nach einem langen Arbeitstag auf die Couch und öffnet sich das Bierchen, um dann über das Team zu pöbeln oder auch einfach abzuschalten. Nun ja man versteht die Analogie ganz gut, ich wollte es trotzdem ausführlicher machen, damit auch jeder weiß, was mit dem Heimspiel oder dem Heimstadion und dem Spiel im Wohnzimmer gemeint ist.
Das Olympiastadion passt hierbei sogar extrem gut, denn es steht in direktem Zusammenhang mit dem Bild eines Berliner Wohnzimmers. Es ist extrem geräumig, hat auch ziemlich hohe Decken, wodurch es öfter als selten, sehr sehr kalt werden kann. Es ist ein Altbau, dazu auch noch recht imposant und trägt Spuren und Geschichten mit sich, die viele gar nicht mehr wissen oder gar nicht erst kennen. Wie eine Berliner Altbauwohnung oder vielleicht sogar dein Wohnzimmer (auch Nicht-Berliner sind hier angesprochen).
Mein Punkt ist, dass viele Leute viel zu wenig über die kleinsten Dinge aus ihrem Alltag wissen und das aber gerade diese Dinge, unfassbar interessant sein können. Das Gefühl hatte ich zum Beispiel beim Olympiastadion. Meinem neuen Heimstadion und meinem deutlich größeren Wohnzimmer.
Das erste Mal bin ich mit einem Kumpel in Herthas Abstiegssaison 2022/23 gegen Leipzig zu Gast gewesen. Wenn ich mich recht erinnere, ein Abendspiel um 18:30. Es war nicht voll, aber gut besucht (laut dem Kicker etwas über 50.000). Das Spiel war ernüchternd, ein 0:1, dass spielerisch nicht herausragend war. Auch nicht besonders viel Kampfgeist oder erkennbare Motivation. Dennoch ein schönes Spiel und auch die perfekte Atmosphäre, um sich mit den kleineren Dingen auseinanderzusetzen.
Gemeint sind damit die Dinge, die ich vorher angesprochen hatte, die einem sonst garnicht auffallen würden. Etwas wie die Position der Stadionlautsprecher. Die Größe und Verteilung der Leinwände oder die Verteilung der Blöcke mit Sitzpolsterungen oder Stehplätzen. Vielleicht hört sich sowas ja ein wenig verrückt an, aber versucht doch auch am nächsten Spieltag darauf zu achten.
Das Olympiastadion bietet auf jeden Fall ganz viele dieser Kleinigkeiten mit ganz viel Geschichte. Aber bevor ich euch über kleine Beispiele erzähle, müsst ihr erst einmal das große Ganze kennenlernen.
Jeder der das Stadion schon besucht hat, wird wissen, dass die 75.000 Plätze meistens nicht vollständig gefüllt sind. Sei es durch Sicherheitsauflagen oder nicht ausreichendes Interesse. Das macht es mit der sich um den Platz ziehenden Laufbahn natürlich umso schwerer für die Kurve, eine unglaubliche Stimmung zu erzeugen. Trotzdem klappt das sogar echt gut.
Der Bau des Stadions wird oftmals auf das Jahr 1934 gesetzt und somit den Nationalsozialisten zugeschrieben. Diese hatten den Platz auch bebaut, allerdings vor allem für die Olympischen Spiele 1936, ausgebaut. Ist jetzt vielleicht etwas umständlich erklärt, aber bevor das Stadion zu einem fast 100.000 Menschen fassenden Kelch ausgebaut worden ist, fanden im nördlichen Grunewald seit über 50 Jahren, Pferderennen statt.
Nach dem Abriss und dem Neubau, kamen dann Jesse Owens und die Olympischen Spiele nach Berlin. Ganz genau die, in denen Owens mit vier Goldmedaillen nach Hause gehen, und somit zum erfolgreichsten Athleten werden sollte. Sicherlich ein amüsantes Ereignis, für den sich in der Loge befindenden Führer. Apropos Loge. Genau dieser Bereich des Stadions birgt Heute den VIP-Teil und begrüßt die Gäste nun als “Jesse-Owens-Lounge”.
Auch danach sollte es aber noch reichlich Ereignisse geben, die das Olympiastadion zu einem Kernpunkt des deutschen Leistungssports wachsen lassen sollten.
Etwa der Einzug Hertha BSCs im Jahre 1963, der es vorsah einige Jahre später als Austragungsort für eines der bekanntesten Spiele in der Geschichte des Hauptstadtklubs zu werden. Die Rede ist hier vom Nebelspiel, einem Champions League Spiel gegen den FC Barcelona, dass in einem 1:1 ausgegangen war.
Sogar der Nachbarverein aus Köpenick trug in der letzten Saison 2023/24, die Heimspiele der Champions League im Westend aus, und wird es auch in den kommenden Spielzeiten der Bundesliga tun, um aufgrund ihres eigenen Stadionausbaus, in ein neues temporäres Zuhause auszuweichen.
Da steckt also schon ziemlich viel drin, in diesem alten Betonklotz und dabei sind die Dinge die ich hier aufgezählt habe, wieder nur Kleinigkeiten in der ewig langen Geschichte des Olympiastadions. Wer weiß wie lange die denn noch weitergeht.
Hertha überlegt seit Jahren, das Stadion zu verlassen und auf dem Olympiagelände ihr neues Zuhause zu errichten. Für einen Ort mit so viel Vergangenheit und einen Verein, der nicht gerade für die eigene finanzielle Freiheit bekannt ist, wirkt das für mich eher wie ein Wagnis als eine lang überfällige Lösung.
Was versteh ich aber schon von Fußball, ich kenn bestimmt noch nicht die ganze Geschichte.