WELTKLASSE KREISLIGA
Lieber ins volle Stadion gehen, als ein einziges mal verschwitzte 40-Jährige dabei zu erwischen nach 35 Minuten auf die Auswechselbank zu blicken als wäre es das Elysium.
Der Amateursport ist ohnehin nicht vergleichbar mit der Qualität und der professionellen Kompetitivität der höheren Spielklassen. Hinzu kommt, dass man sowieso lieber eine gut gefüllte Kulisse besucht, statt an schlecht bewässerten Untergründen zwischen Spuck-Attacken und Bierduschen umherzuspringen. Was genau reizt denn die Leute so sehr, diesen Albtraum zu begleiten?
Der als “Halber” getaufte Albtraum, welcher sich im Kopf in Verbindung mit den niedrigsten Spielklassen bildet, heißt Jürgen. Er steht als Platzwart immer neben dem Rasen. Selbstverständlich mit obligatorischen Pils in der rechten Hand. Mit der linken hingegen, werden wild fuchtelnd Anweisungen und Beleidigungen ausgetauscht, als würde er gerade ein Staats-Orchester dirigieren. Es fehlt die Eleganz.
Dazu werden alle Zuschauer die keine regnerischen Maßnahmen getroffen haben und in einem etwa fünf Meter umliegenden Radius stehen, komplett durchnässt nach Hause gehen. Sicherlich auch mit einer kleinen Erkältung.
Viel schlimmer als dieses Spektakel am Spielfeldrand, ist aber das was sich auf dem Spielfeld abspielt. Naja ein wirkliches Spiel ist es nicht ganz. Dort finden sich 11 Männer zusammen, die für die aufzubringende Leistung genau so geeignet wirken, wie ein Vorschlaghammer für eine Zahnpolitur. Der eigentliche Wettstreit, nämlich wer es schafft mit der größten aus dem Trikot lugenden Wampe, die meisten fünf Sprints zu meistern, fällt dabei oftmals in den Hintergrund.
Das darf aber auch mal vorkommen, denn unsere armen Akteure können sich unter der Flut an halb-wissentlich geäußerten “taktischen” Anweisungen überhaupt nicht auf ihre Aufgaben konzentrieren. Abkappen, Seitenwechsel und hinter die Kette. Der spinnt doch. Das müssen die doch alle.
Zur Beruhigung kann man sich dafür aber ein Bier und ein von den Spielerfrauen, am morgen selbst belegtes Brötchen holen, welche dann sogar zu deutlich faireren Preisen als die Bratwurst im Stadion gehen.
Außerdem erlebt man eigentlich ausschließlich auf solchen Fußballfeldern, die wirklich unbefleckte Passion für den Sport. “Audendische Leidenschafd”, um es in den Worten von Loddar Maddhäus auszudrücken.
Jeder Zweikampf und jede Blutgrätsche, kommt mit einer extra Portion Wut und Aufopferung. Ein willensstarker Einsatz, wie ihn sich Felix Magath von seinen Medizinball-tragenden Protegés gewünscht hätte. Auch die vorher angesprochenen fünf Meter Sprints werden selbst nach dem dritten noch nicht aus dem Register der Fähigkeiten gestrichen, sondern trotzig weitergeführt, bis auch die letzte Stelle des Körpers keinen Sauerstoff mehr bekommt.
Aus diesem Grund sieht das Spielfeld, am Ende der 90 Minuten auch so aus als ob sich 22 fast platzende Tomaten, mit der verbliebenen Energie eine Erbse zuspielen. Bonanza!
Jetzt habe ich mich aber genug über die Aussichten und Eindrücke eines sporadischen Ausflugs bei einem Spiel in der Kreisklasse amüsiert, denn eigentlich stimmt das überhaupt nicht.
Davon könnt ihr euch ja dann Sonntag um elf Uhr selbst überzeugen.